Programm

Heute sind wir auf dem Holzmarkt und spielen El Entusiasmo!

Film Datum UhrzeitSpielortAdresse
Der Schlimmste Mensch Der Welt25.08. 21:00 UhrHeideglühenSeestr. 1, 13353 Berlin
El Entusiasmo24.08.21:00 UhrHolzmarkt – SchiffHolzmarktstr. 25, 10243 Berlin
Rabiye Kurnaz29.08. 21:00 Uhr
Everything Everywhere All at Once 30.08.21:00 UhrHolzmarkt – SchiffHolzmarktstr. 25, 10243 Berlin

El Entusiasmo
Dokumentarfilm, Spanien 2018
Regie Luis E. Herrero

1975 starb Europas letzter faschistischer Diktator: Francisco Franco. Sein Tod machte in Spanien den Weg frei für eine aufbegehrende Jugend, die vieles nachzuholen hatte. Aber auch die exilierten Kämpfer aus dem Spanischen Bürgerkrieg kehrten zurück. In dieser Phase der sogenannten Transición, dem Übergang von der Diktatur zur bürgerlichen Demokratie, schien alles möglich – selbst der Traum, die Revolution von 1936 zu beenden. Der Film legt den Fokus auf Francos erbittertsten Gegner: die Anarchisten und Syndikalisten. Ihre Organisation, die Gewerkschaft Confederación Nacional del Trabajo (CNT), bis zum Sieg Francos ein entscheidender Faktor in der spanischen Gesellschaft, erlebte eine Renaissance. In nur zwei Jahren wurde aus einer klandestinen Untergrund-Organisation wieder eine Massenbewegung. Sie organisierte Versammlungen mit hunderttausenden Teilnehmern, Libertäre Tage, Streiks und Widerstand gegen den neuen liberalen Kapitalismus. Schnell zerrieb sich dieser Aufbruch allerdings nicht nur in internen Konflikten, sondern wurde auch massiv durch geheimdienstliche Interventionen sabotiert. „El Entusiasmo“ ist auch die Geschichte einer Niederlage.

Everything Everywhere All at Once

Spielfilm, USA 2022
Regie Dan Kwan,
Daniel Scheinert
Darsteller Michelle Yeoh, Jamie Lee Curtis, Stephanie Hsu

Verrücktes Actionabenteuer mit Michelle Yeoh im Kampf mit den Multiversen.

Evelyn, eine chinesische Einwanderin, hat sich in den USA mit ihrem Ehemann Waymond und ihrer in Amerika geborenen Tochter Joy eine bescheidene Existent aufgebaut. Gemeinsam betreibt die Familie eine Wäscherei und hält sich mit Mühe über Wasser, bis eine Steuerprüfung Evelyn zunächst mit existenziellen Fragen und ein Behördenbesuch sie in ein Abenteuer verwickelt, das sie in eine Vielzahl von Universen schickt, in denen sie eine ebenso große Vielzahl von verschiedenen Existenzen führt.

Das Kreativduo, das mit „Swiss Army Man“ sein Spielfilmdebüt gab, legt einen noch verrückteren Film vor. Er macht seinem Titel alle Ehre, indem er alles überall auf einmal ist, in alle Richtungen explodiert, dass einem Hören und vor allem Sehen vergeht. Dan Kwan und Daniel Scheinert gelingt es, dass auch wenn man nicht alles versteht, der Film einem am Ende aber doch nahegeht. Sie schicken ihren Star Michelle Yeoh in ein „Multiversum of Madness“, in dem sie ein Stein oder eine wie in „Tiger & Dragon“ kämpfende Frau gegen das Böse ist.

Der schlimmste Mensch der Welt – 11. Juli 2022 um 21:30 Uhr

Spielfilm, Norwegen, Frankreich u.a. 2021
Regie: Joachim Trier
Darsteller: Renate Reinsve, Maria Grazia Di Meo, Anders Danielsen Lie

„Der schlimmste Mensch der Welt“ ist elegant und großzügig, euphorisch und großherzig, ein Film von großer handwerklicher Expertise, der sein Können, seinen entzückend spielerischen Umgang mit den Mitteln des bewegten Bilds immer in den Dienst stellt eines erstaunlichen Porträts einer jungen Frau in Oslo an der Schwelle zur vierten Lebensdekade, die soviel über ihr Leben nachdenkt, dass sie in Stasis gefangen ist: Keine Lebensentscheidung will die richtige sein; wenn sie nach links gegangen ist, kommen die Zweifel: Wäre rechts nicht doch besser gewesen? Das macht es nicht leicht für die einstmals geniale Schülerin, der man eine große Karriere vorausgesagt hatte: Medizin? Psychologie? Oder doch Fotografie? Julies romantisches Leben ist nicht minder Lust und Laune unterworfen. Selbst ihre feste Beziehung zu dem etwas älteren Comic-Künstler Aksel ist Verhandlungssache. Und geht dann eher überraschend in die Brüche, als sie sich einbildet, ein Flirt mit dem etwas einfältigen Eivind könnte doch etwas Wichtigeres sein. 

Was „Der schlimmste Mensch der Welt“ so besonders macht und abhebt von anderen Zeitgeistkomödien, ist die Entschlossenheit von Trier und seiner fulminanten Hauptdarstellerin Renate Reinsve, nie den Stab über Julie zu brechen. Ihre Unentschlossenheit, ihre Unzufriedenheit, ihr Wankelmut sind hier kein Makel, es sind Qualitäten in einer Welt, in der man sich daran gewöhnt hat, immer ein Ziel vor Augen haben zu müssen, eine Rolle zu spielen. Nur so kann dem Film sein bester Trick gelingen, nach mehr als einer Stunde Laufzeit einen wilden Haken zu schlagen, von einer amüsierten und verspielten Sittenkomödie, komplett mit belustigtem allwissenden Erzähler wie aus einer Jane-Austen-Verfilmung, zu einem Drama auf Leben und buchstäblich Tod: Was ist, wenn die Zeit knapp wird? Was bleibt, wenn sie abgelaufen ist? Weil Trier bisher mit so großem Herzen erzählt hat, so großzügig und liebevoll, geht einem das Drama, das sich unvermittelt zwischen Julie und ihrem Ex Aksel entfaltet, so nahe.